Musik nimmt einen enormen Stellenwert in unserem Leben ein. Dank digitaler Musik auf dem MP3-Player oder dem Smartphone sowie zahlreichen Streaming-Diensten à la Spotify hat fast jeder Mensch den „Soundtrack seines Lebens“ auch beim Sport immer dabei.
Doch hat Musik hören beim Kraft- und Ausdauertraining überhaupt eine Wirkung? Und wenn ja, welche Musik sollte man hören, um erfolgreicher zu trainieren?
Musik beim Sport:
Mehr Leistung durch Motivation und Ablenkung
Musik setzt Emotionen frei. Das wird niemand bestreiten, weil jeder Songs kennt, die ihn besonders mitreißen. Genauso wie jeder Stücke kennt, bei denen man gar nicht schnell genug zum nächsten Track springen möchte oder einfach außer Hörweite verschwinden möchte.
Eines ist auch von der Wissenschaft unbestritten: Verbindet man etwas Positives mit dem Gehörten, fühlt man sich gut, beschwingt und könnte förmlich Bäume ausreißen. Wegen dieses „virtuellen Kraftzuwachses“ setzten daher viele Fitnesssportler beim Training an Kraftmaschinen und an freien Gewichten auf Stöpsel im Ohr. Auch Läufer schwören auf den Motivationskick aus dem Kopfhörer.
Musik hat noch weitere Vorteile: Sie die Konzentration auf die Übungsausführung lenken kann, etwa indem man so den Geräuschpegel der anderen Trainierenden im Fitnessstudio einfach übertönt.
Hinzu kommt ein weiterer Faktor, der für das Training von großer Bedeutung ist: Musik lenkt auch den Zuhörer von seiner eigenen Körperwahrnehmung ab. Viele Menschen schaffen es dadurch, sich stärker zu belasten, als sie es ohne Ablenkung tun würden.
Musik beim Krafttraining: Pusht, wenn es nötig ist
Das Thema Musik beim Krafttraining ist in den vergangenen 20 Jahren wissenschaftlich eingehend untersucht worden. Fazit des Großteils der Studien, die vorwiegend aus dem anglo-amerikanischen Raum kommen: Musik kann die Aufgabe eines Taktgebers übernehmen und dank ihrer Rhythmik bei vielen Sportlern die Leistungsfähigkeit steigern.
Beim Krafttraining sollte Musik so angepasst sein, dass sich die Geschwindigkeit in den intensiven Phasen erhöht. Hierzu muss jeder Kraftsportler eine ausgeklügelte Playlist erstellen, die genau auf sein Training abgestimmt ist.
Gelingt dies, soll laut Wissenschaft eine Leistungssteigerung um bis zu 20 Prozent möglich sein. Besonders Einsteiger und Gelegenheits-Kraftsportler sollen vom Musik-Boost profitieren.
Bei erfahrenen Kraftsportlern, welche die Fähigkeiten ihres Körpers bereits weitgehend ausgereizt haben, sei der Effekt dagegen kaum noch zu spüren.
Musik beim Ausdauertraining: Auf den Mix kommt es an
Auch beim Ausdauertraining kann Musik erwiesenermaßen eine leistungsfördernde Wirkung erzielen.
Besonders schwächere Läufer halten dank iPod und Smartphone bei hoher Intensität länger durch, wenn sie antreibende Musik hören. So kommt es nicht selten vor, dass ein Einsteiger dem (zu) schnellen Rhythmus der Musik folgt und so für einige Zeit über seine Verhältnisse läuft.
In einem Wettkampf kann dies mitunter sehr hilfreich sein, doch bei einem Grundlagenausdauerlauf zu Trainingszwecken wäre dieser Effekt sogar kontraproduktiv. Deswegen muss man beim Ausdauertraining mit Musik etwas vorsichtiger sein als beim Krafttraining – von der Gefahr des schlechter wahrgenommenen Straßenverkehrs einmal ganz abgesehen.
Eine Studie der Londoner Brunel University aus dem Jahr 2008 zeigt aber, wie es aussehen kann, wenn man Musik mit wissenschaftlicher Hilfe auf der Laufstrecke genau richtig einsetzt.
Der einzige Proband der Untersuchung war ein ambitionierter Hobbyläufer mit einer Marathon-Bestzeit von etwas mehr als drei Stunden. Den Forschern gelang es, ihn mithilfe von richtig dosierter Musik beim London-Marathon in 2:45 Stunden ins Ziel zu bringen.
Wie das geklappt hat? Die Forscher baten den Läufer, die Lieder auf seinem MP3-Player auf einer emotionalen Skala von 1 bis 10 zu bewerten. 10 bedeutete dabei eine extrem große Emotion. Anschließend stellten sie ihm anhand dieser Ergebnisse eine Playlist für den Wettkampf zusammen: Auf den ersten Kilometern hörte eher ruhige Lieder, es folgten mehrere Songs, die ihn pushten, ehe die Songs wieder langsamer wurden.
Nachdem die Playlist fertig war, glich sie einer Achterbahn aus motivierender und entspannter Musik. Immer dann, wenn es aus rennstrategischen oder streckenspezifischen Gründen sinnvoll war, ihn etwas zu pushen, erhielt der Läufer über die Musik ein unterbewusstes Signal.
Wehrmutstropfen für viele Läufer: Bei den meisten Wettkämpfen ist Musik aus dem MP3-Player mittlerweile verboten. Das ist kein Scherz. Der Leichtathletik-Weltverband IAAF wittert tatsächlich Doping-Gefahr. So wurden und werden immer mal wieder Läufer disqualifiziert, die von Streckenposten mit Knopf im Ohr erwischt werden, selbst wenn sie im hinteren Feld unterwegs sind. Im Training ist das Hören von Musik aber weiterhin die Sache jedes einzelnen.
Welche Musikgeschwindigkeit für welche Sportart?
Neben den Gefühlen, die beim Anhören eines bestimmten Liedes entstehen, ist bei der Musikauswahl die Geschwindigkeit der Songs ein wichtiger Erfolgsfaktor im Training. Wer beim Sport seinen Rhythmus sucht, sollte sich an den Beats per Minute (BPM) orientieren. Das behauptet unter anderem der renommierte britische Sportpsychologe Costas Karageorghis. In seinem Buch „Inside Sport Psychology“ gab er folgende Empfehlungen für das Training mit Musik:
Zum Stretching vor und nach dem Training passt langsame Musik mit etwa 100 BPM sehr gut. Beispiele sind u.a.„Rock Your Body“ von Justin Timberlake oder „Superstition“ von Stevie Wonder.
Für das Krafttraining empfiehlt Karageorghis Songs mit rund 120 BPM. Die Geschmäcker mögen verschieden sein, aber Beispiele hierfür sind „Blurred Lines“ von Robin Thicke, „Break your Heart“ von Taio Cruz, „Supermassive Black Hole“ von Muse oder „Poker Face“ von Lady Gaga.
Beim Lauftraining werden Songs mit 120 bis 160 BPM empfohlen – je nach angestrebtem Tempo und machbarer Schrittfrequenz. Beispiele hierfür sind „Funk Soul Brother“ von Fatboy Slim, aber auch „Viva la Vida“ von Coldplay. Bei einem Intervalltraining mit Vollgaspassagen darf es aber auch mal etwas von Metallica, System of a Down oder Fall Out Boy sein.
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